Massive Sparprogramme bei den Autoherstellern und Corona scheinen zur Synthese gravierender Veränderungen in Sachen Produktvorstellungen zu werden. In einigen Unternehmen wurde sogar kurz darüber nachgedacht, Fahrvorstellungen neuer Autos ganz zu streichen und nur noch digital zu kommunizieren. Entwarnung: Alle Firmen wollen trotz Corona nicht auf den persönlichen Kontakt zu den Journalisten verzichten.
„Unser Chef schlug vor, dass wir uns das Geld für Fahrveranstaltungen doch angesichts Corona für die nächsten Jahre sparen könnten“, berichtet ein PR-Mann der „keinesfalls“ genannt werden will, weil „ich diesen Anschlags-Versuch auf unsere Pressearbeit dann doch abgewehrt habe“. Mag sein, dass auch andere Manager daran gedacht haben, die künftige Corona-Normalität zum Sparen in der Produktkommunikation zu nutzen; ganz abgeschworen haben sie der Spar-Idee aber auch nicht.
Fast alle betonen, dass es wichtig sei, Journalisten das Gespräch mit Ingenieuren, Designern und Managern zu ermöglichen. „Das lässt sich nicht per Internet bewerkstelligen“, sagt der nicht genannte Pressemann. „Es war nicht schwer, unserem Finanzvorstand klar zu machen, dass eine Presseveranstaltung mehr ist als ein Kostenfaktor, sondern der Wahrnehmung unseres Unternehmens als innovativer Autohersteller dient.“
Aber dennoch werden Auto-Präsentationen nach Corona anders aussehen als vor der Pandemie: Florian Urbitsch, Leiter Produktkommunikation bei Volkswagen, umreißt die Strategie nach Corona so: „Wir werden Fahrvorstellungen beibehalten, aber kleinere Gruppen haben und vieles im Raum Wolfsburg veranstalten.“ So habe man bereits bei einer Fahrveranstaltung für den ID.3 nur zwölf Medien eingeladen. „Das merkt man allerdings auch an der nicht gerade breiten Resonanz, die VW früher verzeichnen konnte“, kritisiert ein Journalist, der nicht eingeladen war. Und ergänzt: „Ich bin sicher, dass die fehlende Breitenwirkung zu einem Umdenken führen wird.“
Kleinere Gruppen aus Hygiene-Gründen
Bei Audi ist Ähnliches zu erfahren: „Wir sehen auch zukünftig den persönlichen Kontakt zu Ihnen, den Journalisten weltweit, für unerlässlich an. Dazu legen wir auch zukünftig großen Wert darauf, dass Sie sich ausgiebig mit unseren Experten aus der technischen Entwicklung, dem Produktmarketing und weiteren Bereichen persönlich austauschen können. Das beste Format dafür bieten nach wie vor Fahrveranstaltungen als Präsenzevents. In der vergangenen Woche haben wir auch wieder damit begonnen, solche Präsenzevents zu starten. Aufgrund der aktuellen Situation finden diese noch in kleinem Umfang mit wenigen Teilnehmern statt. Gleichzeitig gehen wir auch neue Wege und bieten viele Events in digitaler Form. So haben wir erst kürzlich einen Audi TechTalk zum Thema Laden sowie eine virtuelle Sneak Preview zum Q5 Facelift organisiert.“
Anne Wollek, Leiterin Presse Fiat Chrysler FCA sagt: „Auch wenn sich die Zeiten ändern, möchten wir nicht auf Fahrveranstaltungen und den persönlichen Kontakt verzichten. Es wird sicherlich hier und da eine Verschiebung hin zu digitalen Inhalten geben. Wir werden daneben aber auch weiterhin Events durchführen – allerdings sind diese selbstverständlich den aktuellen Gegebenheiten angepasst. So werden wir zum Beispiel mit kleinen Gruppen arbeiten, Fahrzeuge auf Veranstaltungen nur einzeln besetzen usw. Für jede Veranstaltung wird ein entsprechendes Sicherheits- und Hygienekonzept erarbeitet, um ein sicheres Arbeiten für alle zu gewährleisten. Der persönliche Kontakt – und sei es auf Abstand und mit Maske – ist uns nach wie vor sehr wichtig.“
Nur noch ein Journalist pro Auto bei Fahrveranstaltungen
Mercedes-Benz-Sprecher Tobias Müller fasst es kurz ähnlich zusammen: „Wir planen im nächsten Jahr nach wie vor mit regulären Fahrvorstellungen. Diese passen wir jedoch Covid-19-spezifisch an, richten sie an den jeweiligen Rahmenbedingungen aus und gestalten sie skalierbar.“ Auch bei BMW in München wird sich grundsätzlich nicht viel ändern. Pressechef Ingo Wirth antwortet auf unsere Anfrage: „Aktuell planen wir auch weiterhin Fahrveranstaltungen für Medienvertreter auszurichten. Natürlich finden diese Corona-bedingt unter strengen Hygienemaßnahmen und damit mit reduzierter Teilnehmerzahl pro Fahrtag statt. Wie gewohnt, werden die Testwagen-Vergaben die Fahrzeugeinführungen zusätzlich unterstützen.“
Fazit: Corona geht auch an den Presseabteilungen nicht ohne Konsequenzen vorüber. Das bedeutet auch Einsparungen, auch wenn das niemand so ausspricht. Doch so radikal wie von einem Finanzvorstand kurz angedacht wird es nicht. Für viele Journalisten bedeutet das allerdings, dass sie nicht mehr eingeladen werden, weil die Gruppen schon aus Hygienegründen kleiner werden müssen. Zu zweit in einem Testwagen – das verbietet sich künftig von selbst. Wie lange die Pressearbeit von Corona mitbestimmt wird, weiß allerdings niemand. Viele der Maßnahmen werden sich schnell einspielen und zur Regel auch nach Corona werden.
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