Gastbeitrag von Harald Kaiser: Drama, Baby, Drama!

Wie geschickte Weltuntergangs-Prediger den Stickoxid-Grenzwert für ihre Sache nutzen – und warum genau das ziemlich grenzwertig ist.

Es ist schrecklich. Aber, Gott sei Dank, bald ist es vorbei. Der Weltuntergang naht. So könnte man jedenfalls glauben. Wie vor etwa 2000 Jahren, als ein bestimmter Prediger noch ohne Internet-Gemeinde durch die Lande zog, um seine mehr oder weniger griffigen Thesen über eine neue religiöse Weltordnung wie auch vom bevorstehenden Weltuntergang unters (zumeist ungebildete) Volk zu bringen. Nach heutigen Maßstäben waren diese Herrschaften nichts weiter als frühe Unternehmensberater zum eigenen Nutzen. Nun ist ist es wieder so: An allen Ecken des Lebens verkünden fanatisierte Prediger neue Religionen oder (vermeintliche) Erkenntnisse zu allen möglichen Lebensbereichen. Etwa, dass wir uns falsch ernähren, dass sich das durch den bösen Menschen außer Rand und Band geratene Wetter bald an uns rächen wird oder dass dem Teufelszeug Automobil abgeschworen werden muss. Sonst, ja, sonst sollten wir uns zügig nach einem anderen Planeten umschauen, auf dem wir angenehm leben können.

Autor Harald Kaiser

Die Untergangs-Propheten haben irre Konjunktur – und füllen sich, oftmals sogar mit staatlicher Förderung, nicht selten prächtig die Taschen. Sicher, nicht alle haben Unrecht. Aber viele. Und wir werden vielfach dank willfähriger Medien mit ihren Botschaften bombardiert. Botschaften, bei denen viele gerne mitreden, aber in Wahrheit keine Sachkenntnis haben. Es schein so, dass hauptsächlich eines erzeugt werden soll: Hysterie. Denn Empörung macht sich gut und zeugt vermeintlich davon, dass man sich für eine gute Sache engagiert. Nehmen wir den gerade aktuellen Bereich Dieselabgas. Volkes Stimme zu dem Punkt scheint einhellig zu sein. Vielfach fußt die Meinung darauf, dass man selbst Auto fährt, in der Stadt wohnt und es ja klar ist, dass man dort durchgängig verdreckte Luft atmen muss, oder weil man das Auto als Teufelszeug hasst und findet, dass der stinkige fahrbare Untersatz nie hätte erfunden werden dürfen. Dass es auch zu diesem Thema in Wahrheit nur wenige oder gar fragwürdige Fakten gibt, ficht bei der Meinungsbildung offenbar niemanden an.

Zum Beispiel wird in der Abgas-Causa mit dem Begriff „Grenzwert“ hantiert, wie gerade wieder beim Dieselgipfel in Berlin, als sich Politik und Industrie darauf einigten, dass etwa fünf Millionen Diesel-Pkw mit einer neuen Software nachgerüstet werden, womit der Stickoxid-Grenzwert dann eingehalten werden soll. Doch der ist bei genauer Betrachtung selbst im höchsten Maß grenzwertig ist. Laut EU dürfen nicht mehr als 40 Mikrogramm Stickoxid in einem Kubikmeter Luft enthalten sein. Liegt der Wert dieses ohne Frage ungesunden Gases darüber, sollte man möglichst nicht an dem Ort sein, an dem er gemessen wurde. Etwa im Talkessel von Stuttgart, wo regelmäßig mit die höchsten Stickoxid-Konzentrationen Deutschlands festgestellt werden. Wie kann es aber sein, dass der Stickoxid-Grenzwert für geschlossene Räumen, bei über 900 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt? Sind also Leute, die dort atmen schnell töter als tot oder müssten es zumindest längst/bald sein? Antwort: Niemand weiß es. Weil weite Kreise der Bevölkerung keine Kenntnis davon haben, dass es überhaupt einen Stickoxid-Grenzwert für Innenräume gibt, taucht dieser in der öffentlichen Diskussion nicht auf. Demzufolge gibt es auch keine Antworten auf zwingende Fragen: Welche wissenschaftliche Grundlage haben diese vermeintlichen Grenzwerte und sind diese womöglich willkürlich gesetzt, um irgendeinen Maßstab zu haben und um innenpolitisch sagen zu können, dass man sich ja des Problems angenommen hat?

Wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die Stickoxid-Diskussion losgetreten hat. Sie will uns allen glauben machen, dass ihr die Sorge um die Umwelt eine Herzensangelegenheit ist. Schaut man sich deren Treiben jedoch genau an, kann man durchaus daran zweifeln, dass dieser eingetragene Verein ausschließlich selbstlos handelt. Denn nach dem Jahresbericht 2016 bestanden die Einnahmen 2015 zu gut einem Drittel (30,4 Prozent) zwar aus dem „Verbraucherschutz“. Was super nach der Sorge um die Allgemeinheit klingt, sind bei Licht betrachtet nichts weiter als lukrative Einnahmen aus Abmahnungen. Vor allem solche gegen die Autobranche im weitesten Sinn. Das waren 2,46 Millionen Euro von 8,11 Millionen Euro Gesamteinnahmen, immerhin die zweitstärkste Position im Jahresbericht. Hat zum Beispiel ein Autohändler bei den Abgasangaben seiner Autos im Ausstellungsraum gemurkst, gibt es von der DUH schnell eine Abmahnung. Ähnlich fix ist der inzwischen von vielen Medien kritiklos zur Umweltikone stilisierte Klub, wenn es um die Kundenmagazine der Autohersteller geht. Arbeiten die Redaktionen dieser Hauspostillen bei der Angabe der Abgase schludrig, liegt in der Regel flugs eine DUH-Abmahnung im Briefkasten. Nicht weniger zügig agiert die DUH auch bei Klagen. Wie letzte Woche in Stuttgart, als das Verwaltungsgericht entschieden hat, dass Fahrverbote wegen der hohen Stickoxid-Konzentration in der schwäbischen Metropole rechtens wären, würde sie die Stadt oder das Land verhängen. Geklagt hat die DUH wegen des dauerhaft überschrittenen Grenzwertes. Welcher Grenzwert? Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber es poliert das Image der DUH kräftig, schließlich hat doch ein unabhängiges Gericht eine Entscheidung getroffen. Schön und folgerichtig wäre es, würden nun Mietervereine Hauseigentümer wegen des mehr als 20 Mal gesundheitsschädlicheren Grenzwert in geschlossenen Räumen verklagen. Doch das wird vermutlich nicht geschehen. Und selbst wenn würde davon kaum jemand öffentlich Notiz nehmen, denn es ist allemal medienwirksamer, wenn die DUH als David gegen die mächtige Autoindustrie oder die Politik als Goliath antritt und gewinnt. Daraus lassen sich prima Schlagzeilen texten.

Machen wir noch ein anderes Fass auf und fragen: Warum klagt die DUH eigentlich nicht gegen die Reeder oder Schiffsbauer? Denn man muss wissen, dass die wahren Umweltsünder auf hoher See unterwegs sind. Das hat die dänische DK Group, die im maritimen Ingenieurwesen tätig ist, bereits vor Jahren berechnet. Danach entspricht das extrem giftige Abgas von weniger als 30 (!!!) Riesentankern, Frachtern oder Kreuzfahrtschiffen jenem Dreck, den alle etwa 800 Millionen Pkw der Welt pro Jahr hinten raus blasen. In Fachkreisen ist das seit langem bekannt, Laien jedoch nicht. Das Magazin „stern“ hat das bereits 2008 thematisiert, in Erinnerung blieb es aber wohl den wenigsten Lesern. Extrem dreckig sind die Schiffsabgase deshalb, weil die Motoren der Meeresgiganten Schweröl als Treibstoff verbrennen. Das ist der Bodensatz aus den Raffinerien. Das Zeug ist zäh wie Pech und tausende Male schwefelhaltiger als Tankstellendiesel. Wird Schweröl in Den dicken Pötten verfeuert, sind diese Schiffe „streng genommen Sondermüll-Verbrennungsanlagen“, so hat es mal der Bremer Verein Nordseekonferenz auf den Punkt gebracht.

Und die Antwort darauf, warum die DUH dagegen nicht vorgeht, ist einfach: Die maritimen Dreckschleudern sind zumeist auf hoher See und nicht im Talkessel von Stuttgart unterwegs. Sie sind also nicht oder selten sichtbar und erzeugen auch keinen Sozialneid wie beim teureren Auto, das man dem blöden Nachbarn womöglich missgönnt. Oder andersherum: Wenn die Riesen zu sehen sind, wie etwa alljährlich beim Hafengeburtstag in Hamburg, dann wird ihre Einfahrt sogar noch von Hunderttausenden beklatscht. So oder so, es ist absurdes Theater. Inszeniert von einer cleveren Klimakirche, die inzwischen Millionen Schäflein um sich schart, die allesamt fest daran glauben, dass nur die willkürlich auf zwei Grad plus festgelegte Klimaerwärmung die Welt vor dem Hitzekollaps retten kann. Wo Augenmaß nötig wäre, herrscht allenthalben inszenierte Aufregung nach dem bewährten Motto: Es geht ums Drama, Baby.

Die Systematik, nach der das funktioniert, kommt einem bekannt vor. War da nicht, wie eingangs schon erwähnt, vor etwa 2000 Jahren ein gelernter Zimmermann und späterer Wanderprediger in der Gegend von Palästina unterwegs, um seinen Glauben unter die Leute zu bringen? Die Nummer klappt noch immer.

 

1 Kommentar zu "Gastbeitrag von Harald Kaiser: Drama, Baby, Drama!"

  1. Joachim Mischke | 16. August 2017 um 12:56 | Antworten

    Beifall und Respekt für diesen Artikel, sie sprechen damit Millionen Menschen aus der Seele, sie haben nur vergessen zu erwähnen das dieser ganze Humbug um die Abgase von diesen Grünen Versagern gesteuert wird. Ich bin nicht religiös aber ich bete darum das diese Versagerpartei endlich von der politischen Bühne verschwindet, denn die Grünen sind der Bremsklotz jeder Innovation.

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