Diese Ähnlichkeit ist kein Zufall. Seit Design-Legende Peter Schreyer Volkswagen 2006 Richtung Kia verlassen hat, wird seine Handschrift auf den asiatischen Modellen von Kia und Hyundai überdeutlich sichtbar. In Wolfsburg und Ingolstadt ist man über diese Entwicklung nicht glücklich. Man hört zuweilen auch den Vorwurf, die Asiaten würden kopieren. Das ist natürlich nicht richtig.
Der Mann, der unter anderem den neuen VW Beetle geformt und Audi-Modellen ihr markantes Gesicht gegeben hat, kann sich doch nicht selbst kopieren. Oder doch? Die Wahrheit ist: Ein Designer bleibt nicht immer einer Marke treu, aber ganz bestimmt seiner „Handschrift“, seiner Überzeugung und seinem Geschmack.
Ein Vorwurf, die Asiaten würden kopieren, wäre deshalb nicht nur ungerecht, er wäre falsch. Wer sich wie Kia einen anerkannten Designer mit skulpturierter Vergangenheit ins Haus holt, will dessen Kompetenz fürs eigene Modellprogramm nutzen. Das ist nicht nur unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten legal, sondern durchaus auch legitim. Ein solcher Wechsel eines Designers führt natürlich dazu, dass die Firma die DNA seines Geschmacks, die Bausteine seiner formalen Vorstellung mit übernimmt. Das ist ja der Sinn einer solchen Abwerbeaktion.
Was Kia 2006 angestrebt hat, ist zweifellos gelungen: den Erfolg. Denn seit Peter Schreyer 2006 die Gestaltungshoheit für die Marke Kia übernommen hat, befindet sie sich im Aufwind. Das einst von Kia sträflich vernachlässigte Thema Design hat Schreeyer zur Chefsache gemacht. Durchweg mit Erfolg. Als Belohnung wurde Schreyer 2012 als erster Nicht-Koreaner Präsident des Familien-Unternehmens und kurz darauf sogar Design-Oberhaupt beim Kia-Mutterkonzern Hyundai.
Das erste von ihm selbst verantwortete Modell, der erste Schreyer-Kia Sportage kam 2010 auf den Markt. Innerhalb von drei Jahren steigerte Kia von da an die Verkäufe weltweit um über 60 Prozent. Kein Wunder, dass Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch der Entwicklung mit gemischten Gefühlen zuschaut und sogar einräumt, dass es ein Fehler war, Schreyer von Volkswagen weg gehen zu lassen. Diese Entwicklung kommentierte Piëch in einem Autobild-Interview trocken: „Das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Ich hatte damit aber nichts zu tun.“
Dass der Hyundai Genesis einem Audi wie aus dem Gesicht geschnitten gleicht, darf deshalb nicht überraschen. Das bisher angebotene Coupé wird nun durch einen Viertürer ergänzt und feiert auf der AMI in Leipzig seine Deutschland-Premiere.
Kommentar hinterlassen zu "Kann sich ein Designer selbst kopieren? Peter Schreyer hat das typische Audi-Gesicht erfunden – und auch das des Hyundai Genesis"