Tricky Tesla

Tesla-Chef Elon Musk

Warum Tesla auf mehr als eine Milliarde Euro Staatszuschuss verzichten muss, obwohl der zuvor beantragt worden ist. Elon Musk gibt den Gutmenschen.

Von Harald Kaiser

Der Herr macht mal wieder mächtig Eindruck – jedenfalls bei jenen oftmals kritiklosen Bewunderern, die ohnehin an seinen Lippen hängen. Die glauben, er sei ehrlich. Vor kurzem hat der ebenso schillernde wie unberechenbare Tesla-Chef und Elektroautoguru Elon Musk getwittert, dass er für den Aufbau einer eigenen Batterieproduktion seiner neuen Autofabrik in Grünheide/Brandenburg auf 1,1 Milliarden Euro Staatsknete verzichtet. Der nicht formulierte Subtext dazu dürfte wohl lauten: Das haben wir nicht nötig.

Mister Tesla twitterte als Erklärung: „Tesla war immer der Ansicht, dass alle Subventionen abgeschafft werden sollten, aber dazu müssen auch die massiven Subventionen für Öl und Gas gehören.“ Später, wohl um seine Grundeinstellung zu dem Thema zu dokumentieren, erinnerte er noch an die „lästigen Bedingungen“, die für einen Kredit des US-Energieministeriums 2010/ 2011 gegolten hätten.

Also: Generös oder durchtrieben? Vermutlich eher Letzteres. Denn es bleibt die Frage, warum Tesla vorher überhaupt einen Antrag für die Förderung seiner Batterieproduktion in Grünheide gestellt hat? Seither wird gemutmaßt, warum der weithin angehimmelte Wundermanager Musk auf solch einen fetten Betrag verzichtet?

Sowohl die Financial Times, die Wirtschafts-Nachrichtenagentur Bloomberg als auch das Handelsblatt haben zu den möglichen Gründen Artikel veröffentlicht, die allerdings zum Teil widersprechen.

  • Die Financial Times*: Tesla sei wegen Verzögerungen bei der deutschen Gigafactory gezwungen gewesen, die (deutsche und EU-)Subvention abzulehnen, schreibt die britische Zeitung. Nach den Regeln der EU müssten geförderte Anlagen stets die „erste industrielle Anwendung“ einer neuen Technologie darstellen. Eine Massenproduktion an anderer Stelle darf noch nicht stattfinden, heißt es in dem Bericht. Diese Bedingung will Tesla nun offenbar nicht mehr annehmen. Wegen der Verzögerungen bei der Genehmigung des Gigafactory-Projekts in Deutschland werde Tesla seine Batterie-Produktion wohl vorher an einem anderen Standort in den USA starten. Damit käme Tesla also lediglich einer zu erwartenden Rückforderung der Förder-Milliarde zuvor, weil die Voraussetzungen für deren Auszahlung nicht gegeben wären. Die immer noch ausstehende endgültige Bau- und Betriebsgenehmigung für die deutsche Gigafactory mag den Produktionsstart des Kompaktwagens Model Y dort bis auf weiteres aufhalten, offenbar aber nicht die geplante dortige Batterieherstellung, denn das Gebäude dafür wird weiter errichtet.
  • Die Agentur Bloomberg** unter Berufung auf eine informierte Person: Tesla habe beschlossen, die Massenproduktion eigener Batterieellen anders, als zuvor geplant, zuerst in seiner Gigafactory in Texas anzugehen. Damit falle die Förderfähigkeit des deutschen Projekts weg.
  • Das Handelsblatt***: Unter der Überschrift „Darum verzichtet Tesla auf milliardenschwere Staatshilfe“ heißt es, dass sich Musk Sorgen um Betriebsgeheimnisse mache. Möglicherweise fürchte Tesla, Forschungsergebnisse mit Konkurrenten teilen zu müssen, wenn diese teils vom Staat finanziert werden. „Tesla fürchtet möglicherweise, dass sie Forschungsergebnisse auch anderen Wettbewerbern zur Verfügung stellen müssen“, sagt Joachim Ragnitz, Subventionsexperte des Ifo-Instituts in Dresden, dem Handelsblatt.

Nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer sind Subventionen „viel zu komplex“ und zeitraubend. Nicht nur Tesla, sondern fast alle deutschen Hersteller würden daher auf Fördermittel verzichten. Dem Handelsblatt sagte er: „Elon Musk zeigt uns, wie amateurhaft unsere Förderung ist.“ Dudenhöffer, der sich als Professor selbst mehr als zehn Jahre an der Fachhochschule und Universität in Duisburg/Essen um öffentliche Gelder bemühte, weiß, wovon er spricht. Das Antragsprozedere sei zu aufwendig, zeitraubend und mühselig. Also: Nix Genaues weiß man nicht. Es sind alles Mutmaßungen, richtig Bescheid weiß außerhalb von Tesla niemand, warum der Förderantrag für die Brandenburger Tesla- und Batteriefabrik zurückgezogen wurde.

Elon Musk ist nicht so generös, wie er tut

Doch so generös wie Musk in Bezug auf Subventionen tut, ist er nicht. Denn er kassiert sehr wohl Subventionen für seine deutsche Niederlassung, wenngleich die Summe, gemessen an der Gesamtinvestition, nicht der Rede wert ist. Denn laut der Website der Regionalregierung Brandenburg beantragte der allgemein vergötterte Elektrofahrzeughersteller im November 2020 eine Regionalförderung für die gesamte Anlage. Ein Sprecher des Brandenburgischen Wirtschaftsministeriums sagte, dieser Antrag sei nicht zurückgezogen worden. Um wie viel Geld es genau geht, wurde zwar nicht bekannt gegeben. Der Betrag ist abhängig von der Höhe der Investition. Doch die Summe, die Brandenburg spendiert, lässt sich einigermaßen gut einschätzen, denn Investitionen im Wert von mehr als 100 Millionen Euro erhalten dort im Allgemeinen 6,8 Prozent ihres Wertes an Subvention, heißt es auf der Webseite Brandenburgs. Da der Aufbau des Tesla-Werkes und der Batteriefertigung in Grünheide nach Musks Angaben etwa fünf Milliarden Euro verschlingt, dürfte Vater Staat also mit etwa 340 Millionen Euro aus dem Staatssäckl dabei sein – angesichts der Gesamtinvestitionssumme eher nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Um sich in einem anderen Punkt künftig Ärger vom Hals zu halten, hat Musk einen weiteren Schachzug vollzogen. Denn Musk, der dafür bekannt ist, dass er argumentativ mehr mit dem groben Säbel als mit dem feinen Florett ficht, hat aufgrund seines aufbrausenden Wesens ein Problem mit Regeln und der Obrigkeit. Konkret geht es um die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC), mit der er immer wieder im Clinch liegt und deren Sinn er zumindest zeitweise in Frage gestellt hat. 2018 beschuldigte die SEC Musk und Tesla des Wertpapierbetrugs, nachdem er als Chef getwittert hatte, dass er erwäge, das Unternehmen für 420 Dollar pro Aktie von der Börse zu nehmen und wieder zu privatisieren. Dafür sei die Finanzierung bereits gesichert. Daraufhin war sogleich die Hölle los. Denn schließlich ist so eine Aussage höchst kursrelevant und es geht um das Geld der Aktionäre.

Musk zahlte 20 Millionen Dollar aus seiner Privatschatulle

Musk ließ schließlich auf Druck der SEC von diesem Vorhaben ab, zahlte eine Geldstrafe von 20 Millionen Dollar aus seiner Privatschatulle (die Firma Tesla separat die gleiche Summe) und unterzeichnete eine Vereinbarung, die ihn verpflichtet, seine Tweets vor der Veröffentlichung von einem Anwalt überprüfen zu lassen. Daran hat er sich aber längst nicht immer gehalten. Um nicht wieder eine volle Breitseite von der SEC zu bekommen, hat er nun den Börsenexperten David Misler als Managing Counsel (geschäftsführender Berater) eingestellt. Misler ist ein ehemaliger Prozessanwalt der SEC und arbeitete zuvor für das US-Justizministerium. Mal sehen, wie lange der Mann bleibt. Denn in der von Musk autokratisch geführten Firma Tesla tuschelt die Belegschaft, dass der große Boss mitunter seine Führungskräfte schneller wechselt als seine Unterwäsche.

Geht SpaceX pleite?

Nicht nur in Musks Autofirma brennt immer mal wieder der Busch. Etwa wegen der eher durchschnittlichen Qualität oder wegen der offenbar durchweg kritischen Kassenlage. Nun befindet sich der Zeiger der Wirtschaftlichkeit auch in einem anderen Feld seines Firmengeflechts im roten Bereich einer bevorstehenden Pleite. Es geht um ‚SpaceX‘, sein Raumfahrtunternehmen. Jüngst schrieb Musk den SpaceX-Mitarbeitern per Mail, wenn nicht mehr Triebwerke für das Raumfahrzeug ‚Starship‘ gebaut würden, laufe die Firma Gefahr, bankrott zu gehen. Das berichtet das US-Online-Nachrichtenportal ‚Space Explored‘. SpaceX baut demnach zu wenige der Triebwerke, mit denen das Starship angetrieben wird, das unter anderem zum Mond und zum Mars fliegen soll. Ferner werde es auch gebraucht, um die zweite Generation der ‚Starlink‘-Satelliten ins All zu schießen. „Leider ist die Krise bei der Produktion viel schlimmer, als es noch vor ein paar Wochen schien“, schreibt Musk nach Angaben von Space Explored. Wegen dieser Probleme hatten mehrere Führungskräfte das Unternehmen verlassen, zum Teil unfreiwillig. SpaceX werde bankrott gehen, wenn es dem Unternehmens im kommenden Jahr nicht gelinge, mindestens einmal in zwei Wochen ein Starship starten zu lassen.

*https://www.ft.com/content/98f9a39c-de78-4cbf-b98b-0955db98c7dd

**https://finance.yahoo.com/news/tesla-forgoes-1-3-billion-145029118.html?guccounter=1

***https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/tesla-sorge-um-batteriegeheimnisse-darum-verzichtet-tesla-auf-milliardenschwere-staatshilfe/27837626.html?ticket=ST-2597923-dZQDcwn3Nwonb3B5dFJZ-cas01.example.org

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