Toyota MIRAI – automobile Hässlichkeit hat jetzt einen Namen

Was passiert, wenn ein Automobil-Designer Wasserstoffgas einatmet? Er beginnt zu halluzinieren. Wenn dann ein Zeichentisch in der Nähe ist, kann das verhängnisvoll enden. Zumal dann, wenn er in diesem Zustand ein Auto entwirft.

Im Ernst: Das könnte sogar stimmen, wenn wir uns den technologisch zukunstsorientierten und mit einer Brennstoffzelle ausgestatteten MIRAI von Toyota anschauen. MIRAI bedeutet soviel wie Zukunft. Gut und schön, aber für mich hat automobile Hässlichkeit jetzt einen Namen. Wenn sich Schönheit nur im Auge des Betrachters offenbaren soll, rührt sich bei mir da nichts. Ich muss den Mirai nur anschauen und frage mich nur, warum? Warum macht Toyota nun den gleichen Fehler wie beim ersten Prius, der optisch ähnlich unbeholfen daher kam. Der MIRAI setzt der Geschmacklosigkeit jetzt aber die Krone auf. Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, aber kann dieses Auto jemand als großen Design-Entwurf bezeichen, gar ästhetisch nennen? Ich muss einräumen, dass das Fahrzeug in Natura nicht ganz so eklatant einem Warzenschwein ähnelt wie auf Fotos. Das könnte dazu führen, dass sich für die Marketing-Abteilung von Toyota die größte Herausforderung darin ergibt, diesen Linien-Wirrwar in schöne Bildern umzusetzen. Ein Ding der Unmöglichkeit. Es könnte passieren, dass in den Werbeabteilungen, die damit befasst sind, der edle Freitod „Harakiri“ eine aktuelle Bedeutung bekommt.

Bildschirmfoto 2014-11-30 um 15.52.54Das verstehe, wer will: Toyota hat Top-Designer, die auf den renommiertesten Design-Hochschulen der Welt studiert haben. Ich habe gerade in Los Angeles einige kennen gelernt, die am Art Center College of Design im kalifornischen Pasadena studieren. Die werfen mit ein paar Bleistiftstrichen den Entwurf eines Fahrzeugs hin, dass man nur staunen kann und sich fragen muss, wie dann solche Entgleisungen möglich sind.

Takamura Shinori (Name geändert) ist zweifellos ein Supertalent der nächsten Generation Automobil-Designer. Sein berufliches Ziel: „Audi oder BMW!“ Und warum nicht Toyota oder ein anderes japanisches Automobil-Unternehmen? Diese naiv gestellte Frage lässt Shinori rot werden. Hin und her gerissen zwischen patriotischer Loyalität, Nationalstoz und beruflicher Sehnsucht wird er unsicher und sagt dann: „Das sind ganz unterschiedliche Kulturen.“ Hätte ich nicht gedacht.

Ich bohre weiter und will wissen, worin die Unterschiede bestehen. Da schaut er sich um, als würde der japanische Geheimdienst jede seiner Äußerungen aufzeichnen. Es dauert lange, bis er mir erzählt, was ihn von Audi und BMW träumen lässt: „In einem japanischen Unternehmen gibt es strenge Hierarchien. Wenn der Finanzdirektor sagt, die Scheinwerfer gefallen ihm nicht, dann ändert der Designer seinen Entwurf sofort, obwohl der Finanzmann keine Ahnung von Design hat.“ Bei europäischen Autofirmen sei dies ganz anders, wie er von Freunden wisse. „Da hat Fachwissen oberste Priorität. Ein Designer darf hier sogar dem Firmenchef widersprechen, wenn er Argumente dafür hat. Der Firmenchef respektiert die Arbeit seiner Designer. Das schafft ein viel kreativeres Klima mit viel mehr Freiraum.“

Shonori kennt auch den Mirai. Auf die großen Lufteinlässe vorne angesprochen hält er sich dennoch zurück. „Sie wurden wohl wegen notwendiger Kühlung so groß“, versucht er sogar seine Kollegen bei Toyota zu verteidigen. Er kenne die technischen Hintergründe nicht, weshalb er auch nicht kritisieren könne. Ich spüre seine auf Respekt gegründete Zurückhaltung. „Wir Japaner sind so erzogen, dass wir lieber loben als zu kritisieren.“

Ich will noch wissen, warum er nicht zu Toyota gehen würde, um das Design-System europäisch-liberal umzugestalten und die Kultur zu verändern. Er scheint meine Frage gar nicht verstanden zu haben, denn er sagt nur kurz und lächelt dabei: „Toyota ist sehr erfolgreich. Warum sollte man da etwas ändern wollen?“ Ich muss ihm recht geben. Denn auch der anfangs nicht schön aussehende Prius ist ein Erfolg geworden. Toyota brauchte fünf Jahre bis zur ersten Million. Jetzt verkauft Toyota jedes Jahr eine Million Prius.

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